Während des Mittelalters konnten sich die Juden in den Städten des deutschen Reiches in Gemeinden organisieren und ihren Geschäften nachgehen. Durch Beschränkungen in der Ausübung von handwerklichen Berufen, konzentrierten sie sich überwiegend auf den Handel mit unterschiedlichen Waren, das Geldgeschäft sowie den Pfandhandel. Die Juden lebten vorzugsweise in Städten mit großen Märkten oder in Messestädten. Die jüdischen Händler waren ein wichtiger Bestandteil der Städte, denn durch ihre weitreichenden Vernetzungen konnten sie den Nah- und Fernhandel rasant ausbauen. Zu Zeiten von Märkten und Messen waren die Bürger auf den Geldverleih angewiesen. Doch die katholische Kirche sah in der zunehmenden Ausbreitung der Juden eine Gefahr. Die durch sie geschürten Vorurteile gepaart mit der Missgunst, welche im Volk gegenüber den Juden aufkam, sorgten immer häufiger für Übergriffe auf jüdische Einwohner. Die Feindseligkeit fand ihren Höhepunkt in den Pestverfolgungen. Die zahlreichen Anhänger des jüdischen Glaubens wurden getötet oder aus den Städten vertrieben. Seitdem wollten die meisten Städte im Reich keine Juden mehr aufnehmen. Die jüdischen Gemeinden erholten sich nicht mehr von diesen Pogromen. Eine äußerst antijüdische Haltung vertrat die Stadt Duisburg. Mittels einer Kaiserurkunde ließen sich die Duisburger versichern, zukünftig keine Juden mehr aufnehmen zu müssen. Dennoch konnten ansässige Juden während der Frühen Neuzeit in Duisburg nachgewiesen werden.
Die ersten Hinweise auf eine jüdische Gemeinde
Jüdische Einwohner konnten in der Stadt Duisburg im Laufe der Zeit immer wieder durch direkte oder indirekte Belege nachgewiesen werden. Meist waren es kurze Beschreibungen über Umzüge in benachbarte Städte sowie Notizen zu Erwerbungen. Letzteres veranschaulicht, dass Juden zwischen dem 12. Und 13. Jahrhundert Haus und Grund in Duisburg besitzen durften. Aus dem Jahr 1170 stammt ein Reisebericht von Benjamin Tudela, welcher über die wohlhabenden Judengemeinden in den Städten entlang des Rheins und der Mosel berichtete (siehe Bild rechts). Auch Duisburg findet sich unter den beschriebenen Städten wieder. Die Niederlassungen am Rhein und an der Mosel erfolgten meist aus wirtschaftlichen Gründen. Durch Beschränkungen in der Ausübung von handwerklichen Berufen, konzentrierten sie sich überwiegend auf den Handel mit unterschiedlichen Waren, das Geldgeschäft sowie den Pfandhandel. Die jüdischen Händler waren ein wichtiger Bestandteil der Städte, denn durch ihre weitreichenden Vernetzungen konnten sie den Nah- und Fernhandel rasant ausbauen. In Duisburg wird dies besonders anhand von Urkunden aus dem 13. Jahrhundert deutlich. Die Duisburger Herrscher haben Vereinbarungen mit den jüdischen Kaufleuten geschlossen und diese bei einem Machtwechsel immer erneuert. So auch Herzog Reinalds von Limburg am 20. März 1279.

Der Alltag zwischen Juden und Christen
Gegen Ende des 13. Jahrhunderts verschärfte sich die politische Lage der Juden im Reich drastisch. Die beiden Kreuzzüge in den Jahren 1096 sowie 1146 haben gezeigt, dass sich Juden zukünftig auf weitere Verfolgungen einstellen mussten. Doch wie sah das gesellschaftliche Leben zwischen Juden und Christen im Mittelalter aus? Grundlegend lebten die Juden im Mittelalter bevorzugt in Städten. Die Urbanisierung der jüdischen Gemeinden nimmt bis zu den Verfolgungen stetig zu. Die Städte waren durch eng bebaute Wohngebiete gekennzeichnet und boten als Handels- und Gewerbezentren attraktive Möglichkeiten für die Bevölkerung. Das Leben in der Stadt war aufgrund von Festungsanlagen und Stadtmauern sicherer als das Leben auf dem Land. Die Gesellschaft war in Stände aufgeteilt, wobei die Juden kein Teil der Ständegesellschaft darstellten.
Die Beziehungen zwischen Juden und Christen waren wohl offener und unbelasteter als häufig angenommen. Juden lebten in vielen Städten nicht separat von den Christen, sondern pflegten oftmals nachbarschaftliche Verhältnisse. Die jüdischen Häuser unterschieden sich nicht von denen der Christen. Wohlhabendere Juden hatten in dieser Zeit sogar christliches Personal angestellt. Beide Lebenswelten waren miteinander verflochten. Dieser Umstand schlug sich in einem gemeinsamen Alltagsleben nieder. Diese Schilderung soll nicht außer Acht lassen, dass beide Gruppen in der Glaubensfrage keine Kompromisse zuließen.
Die Entwicklung des verzahnten Alltagslebens nahm besonders die Kirche als Bedrohung wahr. Ein aussagekräftiges Beispiel für die Haltung der Kirche stellt das vierte Laterankonzil im Jahre 1215 dar. Auf dem vierten Laterankonzil widmeten sich vier der 71 Konzilkanons dem jüdischen Bevölkerungsteil. Sie beinhalteten, dass Juden keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden durften, getaufte Juden keine jüdischen Bräuche ausüben sollten, eine Kennzeichnungspflicht und ein Verbot für schweren Wucher gegenüber den Christen. In Konkurrenz zu den konziliaren Gesetzen stand das kaiserliche Judenrecht. Die weltliche Macht war dabei, die Kirche langsam aus ihrer Machtposition zu verdrängen. Als anfängliches Motiv dafür galt auf weltlicher Seite zunächst der Schutz der jüdischen Minderheit und an zweiter Stelle deren steuerliche Abgaben. Die Bemühungen mündeten in der Einführung des Kammerdienstes für die Juden durch Kaiser Friedrich II. im Jahre 1236. Die Kammerknechtschaft brachte einen Sonderschutz für die gesamte Judenschaft mit sich, wodurch diese abhängig vom Kaiser wurde. Allerdings hatte der Sonderschutz, welcher den Juden gewährt wurde, eine hohe steuerliche Belastung zur Kehrseite. In diesem Zeitraum wurden sechzehn Prozent aller veranschlagten Steuern in Reichs- und Freistädten von Juden geleistet.
Der Schwarze Tod und die Verbrennung von Juden
Ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts verschlechterte sich die politische Lage der Juden zunehmend. In den Städten herrschten oft Unruhen und die Kirche hatte ihre Haltung gegenüber den Juden weiter verschärft. Ab ca. 1313 kam es in den westlichen Teilen Europas zu starken Regenfällen, welche schlechte Ernteerträge zur Folge hatten. Es kam zu Hungersnöten. Diese Rahmenbedingungen waren der ideale Nährboden für Seuchen. Der Höhepunkt dieser Notzeit wurde in den 1340er Jahren mit dem Ausbruch der Pestepidemie erreicht. Da das Ausmaß der Pestepidemie so gewaltig war, findet sich in der Literatur die Bezeichnung „Schwarzer Tod“ wieder. Ein Drittel der Bevölkerung Europas starb innerhalb von nur drei Jahren. Ab 1348/49 fand die Pestwelle ihren Weg über Frankreich ins Heilige Römische Reich. Zu diesem Zeitpunkt konnten sich die Menschen nicht erklären, wie es zu einer solchen Katastrophe kommen konnte, daher waren viele Spekulationen und Gerüchte im Umlauf. Am hartnäckigsten hielt sich das Gerücht, dass Juden die Brunnen vergiftet hätten. Der Ursprung dieses Gerüchts bleibt unbekannt. Die Lage in den Städten war so angespannt, dass der bloße Vorwurf einer Brunnenvergiftung eine Verfolgung auslöste. Die Tatsache, dass selbst Juden von der Pest betroffen waren oder gar nicht in den betroffenen Gegenden lebten, wurde außer Acht gelassen. Angesichts zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen hatten auch die Herrscher oft Schulden bei jüdischen Kreditgebern und so kamen ihnen die Pogrome ganz recht.
In den Jahren bis 1350 bildeten sich im Rheinland elf jüdische Gemeinden, eine davon in Duisburg. Die meisten der jüdischen Siedlungen wurden vernichtet. Dies geht aus den Stadtrechnungen der Stadt Wesel hervor. Aus den Quellen geht nicht hervor, ob die Pestwelle Duisburg erreicht. Trotz dessen hat die Stadt auch ihre jüdischen Einwohner verbrannt und die jüdische Gemeinde vernichtet. Nach 1350 gab es, mit Ausnahme von Worms und Frankfurt, keine der großen Judengemeinden mehr.
Kaiserurkunde von 1362
In vielen Städten wie beispielweise Frankfurt am Main durften Juden nach wenigen Jahren wieder in die Stadt zurückkehren und sich dort niederlassen. Die Stadt Duisburg hat eine konträre Haltung in Bezug auf die erneute Niederlassung von Juden vertreten. Man wollte die Gründung einer neuen jüdischen Gemeinde in Duisburg verhindern. Im Jahre 1362 setzte man das Vorhaben in die Tat um, keine Juden aufnehmen zu müssen. Am 2. Oktober 1362 stellte Kaiser Karl IV. den Duisburgern eine Urkunde aus. Im letzten Teil der Urkunde versprach der Kaiser, dass „daz man furbaz mer in der stat zu Duysburg die juden, lombart, kawertzyn odir wocherer nicht gesetzzet werden von nyemanden an der egenannten burger, die in zeiten werden, fulbort, wizzen und willen“. Die Duisburger erhielten damit fortan das Privileg, keine Juden, Lombarden, Kawerzen oder Wucherer aufnehmen zu müssen.
Autorin: Selina Oral
Zum Weiterlesen
Aschoff, Diethard: Die Juden in Antike und Mittelalter, in: Michael Zimmermann (Hg.): Die Geschichte der Juden im Rheinland und in Westfalen (Schriften zur politischen Landeskunde Nordrhein-Westfalens 11), Stuttgart² 2021, S. 13-71.
Averdunk, Heinrich: Geschichte der Stadt Duisburg bis zur endgültigen Vereinigung mit dem Hause Hohenzollern (1666), Duisburg 1894.
Hofius, Kurt: Die Pest am Niederrhein, insbesondere in Duisburg (Duisburger Forschung 15), Duisburg 1971.
Kober, Adolf: Aus der Geschichte der Juden im Rheinland, in: Falk Wiesemann (Hg.): Zur Geschichte und Kultur der Juden im Rheinland, Düsseldorf 1985, S. 11-98.
Prieur, Jutta: Juden am Niederrhein. Vom ersten Kreuzzug bis zur Judenemanzipation in französischer Zeit, in: Dieter Geuenich (Hg.): Der Kulturraum Niederrhein. Von der Antike bis zum 18. Jahrhundert (Bd. 1), Bottrop, Essen 1996, S. 139-156.
von Roden, Günter: Geschichte der Duisburger Juden (Duisburger Forschungen 34 Teil 1), Duisburg 1986.
Zittartz-Weber, Suzanne: Von der Frühen Neuzeit bis zur Judenemanzipation, in: Michael Zimmermann (Hg.): Die Geschichte der Juden im Rheinland und in Westfalen (Schriften zur politischen Landeskunde Nordrhein-Westfalens 11), Stuttgart² 2021, S. 72-128.
Ziwes, Franz-Josef: Jüdische Niederlassungen im Mittelalter, in: Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, Beiheft VIII/7, Köln 2002.